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Eiskanal hinab, Siegertreppchen hinauf.

Im Rausch der Geschwindigkeit: Bereits als Grundschülerin entwickelt Dajana Eitberger eine Leidenschaft für das Rodeln in den Höhenlagen Thüringens. Heute ist die 28-Jährige eine der besten Rennrodlerinnen der Welt – die gerade beendete Weltcup-Saison 2018/2019 beendete sie mit einem ersten, einem zweiten und drei dritten Plätzen.

Ein letzter Moment der Ruhe: Dajana Eitberger sitzt in ihrem Rennschlitten an der Startlinie, vor ihr der eisige Abgrund. Sie ist hoch konzentriert, geht noch einmal in sich, ihre Augen haben den Tunnelblick – oder besser gesagt den Eiskanalblick. Ein tiefes Durchatmen, dann stößt sie sich los und stürzt mit vollem Tempo in die kurvigen Tiefen.

Ihr Rodelschlitten erreicht dabei eine Geschwindigkeit von rund 140 Kilometern. Zugleich wirken Fliehkräfte mit einer Erdschwerebeschleunigung von ungefähr fünf g auf sie. Zum Vergleich: Beim Anfahren mit dem Auto sind es 0,3 g. Körperliche Fitness und eine gehörige Portion Mut sind deshalb Grundvoraussetzungen für diesen Sport, ebenso wie höchste Präzision: Jede falsche Körperbewegung, jedes Abgehen von der Ideallinie auf dem Eis kann am Ende über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Ein Sport für akribische Perfektionisten, die immer auf der Jagd sind nach der einen Millisekunde weniger, die den eigenen Schlitten vor den Mitstreitern ins Ziel bringt. So wie Dajana Eitberger, deren oberstes Gebot absolute Disziplin ist: "Unter 100 Prozent fange ich kein Training an. Ich will jeden Tag immer ein Stück besser sein."

In ihrer bisherigen sportlichen Laufbahn hat sich dieser unbedingte Wille ausgezahlt: 2011 wurde Eitberger als „Thüringer Juniorensportlerin des Jahres“ ausgezeichnet, zwei Jahre später gehörte sie erstmals dem Welt-Cup-Team der deutschen Nationalmannschaft an. 2015 wurde sie Europameisterin im Einsitzer und in der Staffel sowie zweite im Weltcup, 2018 holte sie bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang Silber. Bei der gerade zuende gegangenen Weltcup-Saison belegte Eitberger, die seit diesem Jahr offizielle Markenbotschafterin für den Thüringer Wald und den Rennsteig ist, im Gesamtklassement den vierten Platz.

Dass Eitberger eine so erfolgreiche Wintersportlerin wurde, hat sie auch ihrer Heimat zu verdanken. Sie wuchs in Ilmenau auf, in den Höhenlagen Thüringens, wo der Wintersport sogar in der Schule eine Rolle spielt. Als Eitberger in der ersten Klasse ist, veranstaltet ihre Grundschule einen Wettkampf im Rodeln. Mit großen Augen schaut sie damals ihren älteren Mitschülern dabei zu, wie diese sich ein rasantes Rennen liefern. Zwei Jahre später nimmt sie dann all ihren Mut zusammen, setzt sich selbst auf den Schlitten und jagt mit ihm in die Tiefe.

 

Training, Reisen, Wettkämpfe: Der Sport taktet das Leben der Athletin

Den Lehrern wird schnell klar, dass in der kleinen Dajana ein großes Talent steckt. Sie schicken sie auf ein Trainingscamp, wo Eitberger endgültig Feuer für das Rodeln fängt. Sie wird Mitglied im örtlichen Rennrodelverein, besucht später das Internat im Sportgymnasium Oberhof, in dem sie Woche für Woche intensiv trainiert.

Nach dem Abitur tritt sie einer Sportfördergruppe der Bundeswehr bei. Der Sport gibt in den Folgejahren in ihrem Leben den Takt vor: Training, Reisen, Wettkämpfe, Sponsorentätigkeiten. Doch egal, wie häufig Eitberger unterwegs ist, der Freistaat bleibt zentraler Ankerplatz ihrer sportlichen Laufbahn. „Thüringen ist meine Heimat“, erklärt sie. „Ich fahre für Wettkämpfe in die ganze Welt, aber wenn ein Wettkampf hier stattfindet, ist das immer noch am schönsten – es ist Familie.“ Neben der guten Stimmung und der hohen Unterstützung durch begeisterte Fans hebt Eitberger die Förderung junger Sportler als besonderen Vorzug Thüringens hervor: Hier gäbe es so viele Vereine, die eine sensationelle Nachwuchsarbeit betrieben.  

In Oberhof trainieren, in Erfurt abschalten

Dazu kommt, dass Eitberger an jedem Trainingstag von Erfurt nach Oberhof und zurück pendelt – und damit die Vorzüge beider Städte kombinieren kann: In Oberhof trainiert sie unter idealen Bedingungen für eine Leistungssportlerin, während sie in Erfurt gedanklich vom Sport abschalten kann. „Ich fahre eine Stunde nach Hause, da kann ich gut runterkommen“, sagt sie. „Dann schließe ich die Wohnungstür auf, mache sie hinter mir wieder zu und bin in meiner eigenen Welt.“

Es ist genau dieser Moment der Ruhe, den sie nur durch den Sport erreicht und der sie zugleich zu neuen Höchstleistungen motiviert: „ Wenn ich abends zufrieden auf den Tag zurückschauen und sagen kann, dass ich alles gegeben habe. Dass ich alles rausgeholt habe, was an diesem bestimmten Tag möglich war.“ Diese innere Zufriedenheit ist Eitberger wichtiger als der Gewinn von Medaillen, da die Freude über diese Erfolge jedes Mal überraschend schnell wieder verschwinde.

„Deine mentale Stärke ist das, was dich zum Sieger macht."

Nach mittlerweile 18 Jahren Rodelerfahrung kennt Eitberger die Höhen und Tiefen des Rodelns, die unbändige Freude genauso wie die Enttäuschungen, die der Leistungssport bereithält. Das Rennrodeln ist für sie auch eine Charakterschule: "Ohne den Sport wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin", sagt sie.

 

Vier Jahre will sie mindestens noch weiterrodeln

Bis 2023 will Eitberger auf jeden Fall weiterhin in den Eiskanal steigen. Zugleich ist sie Realistin und weiß, wie schnell die eigene Laufbahn beispielsweise durch eine Verletzung enden kann. "Wenn ich von heute auf morgen aufhören müsste, würde ich in kein Loch fallen", sagt sie. Sie habe genügend Leute um sich, die für sie da wären: "Und die mich heute schon, wenn nötig, auf den Boden der Tatsachen herunterholen."

Veröffentlicht am:
10.12.2021

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