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Wie eine Kanadierin Thüringens Gastroszene erobert hat

Sie steht seit vielen Jahren für ehrliche und kreative Fusion-Küche: Tanya Harding, die 2003 aus Kanada nach Thüringen kam. Nach fünf Jahren in Arnstadt eröffnete sie im Herbst 2020 ihr Weimarer Restaurant Maple Bistro.

Wenn ein einziges Wort das Leben von Tanya Harding beschreiben könnte, es wäre „Bauchgefühl“. Das hat natürlich mit ihrem Beruf zu tun, 2015 eröffnete die 46-jährige Köchin in Arnstadt das nach ihr benannte Fusion-Restaurant, in dem sie regionale und internationale Gerichte zubereitet, zum Beispiel Kloßpommes, türkische Linsensuppe oder den beliebten „Vancouver Hippie Burger“. Nach fünf erfolgreichen Jahren meldete sich ihr Bauchgefühl erneut und sie entschloss sich dazu, in Weimar etwas Neues zu probieren: Das Maple Bistro, setzt, der Name lässt es vermuten, weniger auch Crossover als auf die Küche ihrer kanadischen Heimat, die Harding vor bald 20 Jahren verließ, um in Thüringen neu anzufangen. Im Maple Bistro gibt es raffinierte, aber bodenständige Gerichte, die Zutaten kommen so weit wie möglich aus der Region. 

Globale Gerichte, regionale Zutaten

Aber fangen wir am Anfang an. Harding wächst in Kanada auf, studiert in Edmonton, gut 300 Kilometer nördlich von Calgary, Soziologie und Ureinwohnerrechte. Ihr liebster Treffpunkt wird die Gemeinschaftsküche im Wohnheim, in der Harding voller Neugier zuschaut, während ihre Kommilitonen aus Indien, Malaysia oder China am Herd Spezialitäten aus der Heimat zaubern. Erfahrungen von Gemeinschaftlichkeit, die sie mitnimmt, als sie ihren Job als Assistentin im kanadischen Parlament antritt.

Auch Politiker und Popstars ließen sich schon von Harding bekochen

Sie beginnt in ihrer Freizeit selbst leidenschaftlich zu kochen, lädt regelmäßig Freunde und Kollegen ein. Ihre Kochkünste sprechen sich schnell herum, und so wird sie gebucht, um auf Partys größere Gruppen zu bewirten. Damals ist Harding 24, und schon bald arbeitet sie nebenbei in diversen Restaurants, vor allem, um zu lernen. Bald meldet sich ihr Bauchgefühl: Sie merkt, dass sie sich in der Küche so richtig wohlfühlt, und gründet einen Partyservice, der von Anfang an gut läuft: Durch ihre Arbeit im Parlament hat sie viele wichtige Kontakte und wird immer wieder für politische Veranstaltungen gebucht.


Der Erfolg und viel Lob auch von prominenten Politikern beflügelt sie, und so kündigt Harding ihren Assistenzjob und konzentriert sich ganz auf ihre große Leidenschaft, das Kochen. Ihr Feinkostservice „Blackbird Catering“ – Spezialität: internationale Gerichte – wird bald dafür gerühmt, wie authentisch die Gerichte aus aller Welt sind. Ein Treffen mit Omara Portuondo, Sängerin der kubanischen Band Buena Vista Social Club, bestätigt das: Portuondo ist so begeistert von Hardings Versionen kubanischer Spezialitäten, dass sie die Kanadierin für mehrere Tourneen als Caterer bucht. Heute sagt Harding, sie habe damals gemerkt, dass sie Menschen mit ihrem Essen ein Gefühl von zu Hause bieten könne.
 

Nach Thüringen der Liebe wegen

Im Kubaurlaub lernt Harding, inzwischen 30, einen Mann aus Deutschland kennen. Er schenkt ihr ein Flugticket nach Thüringen, seiner Heimat. 2002 besucht Harding das erste Mal den Freistaat. Sie verliebt sich in die Landschaft, in die pittoresken Dörfer mit ihren Fachwerkhäusern, in das schier unendliche Grün. Und Hardings Bauchgefühl meldet sich erneut: „Hierher gehörst du, hier ist jetzt dein Zuhause.“  


Im April 2003, gerade Mutter eines Sohns geworden, zieht sie nach Thüringen und heiratet. Sie beginnt wieder zu studieren, gibt Englischunterricht und Kochkurse, unter anderem für die Sarah Wiener Stiftung. Während Harding in Thüringen immer mehr Kontakte aufbaut, arbeitet ihr Mann in Irland und England; die räumliche Distanz führt schließlich zur Trennung. Nach Kanada zurückzukehren ist keine Option für Harding, die fühlte, in Thüringen ihre neue Heimat gefunden zu haben: „Es ging aber noch darum, hier meinen Platz zu finden“, sagt sie heute.

2014 ist es soweit: Sie entdeckt in Arnstadt, am Marktplatz an der Bachkirche, ein ehemaliges Lokal, und auch wenn es so heruntergekommen ist, dass der gesunde Menschenverstand sagen würde: „Lass die Finger davon“, gibt es da ja noch Hardings berühmtes Bauchgefühl. Und dagegen haben auch die stärksten Zweifel keine Chance. Obwohl sie noch kein eigenes Restaurant geführt hat und sich mit dem Arbeitsrecht in Deutschland nicht auskennt, ergreift sie die Gelegenheit. Dass es sich gelohnt hat, wissen inzwischen nicht nur die Menschen aus Arnstadt und Umgebung: Im Oktober 2018 zeigte Tonya Harding in der Kabel-eins-Sendung „Mein Lokal, dein Lokal“, was sie in der Küche draufhat. Außerdem hat sie seitdem drei Kochbücher veröffentlicht, in dem sie unter anderem „Thüringer Tapas“ vorstellt.


Mit dem Maple Bistro verwirklicht sie jetzt ihre neue Vision von einer kulinarischen Oase – und bringt sie Geschichte und Gegenwart zusammen, indem sie mit regionalen Zutaten aus Thüringen Gerichte mit kanadischen Wurzeln kreiert. Auch eine Art Fusion.


Im Herbst 2020 hat sich Tanya Harding mit dem Maple Bistro Weimar in Weimar neu aufgestellt und verwirklicht seither eine neue Vision einer kulinarischen Oase – und so bringt sie Geschichte und Gegenwart zusammen, indem sie mit regionalen Zutaten kanadische Gerichte kocht. Auch eine Art Fusion.
 

Gut zu wissen:

Tanya Harding
MAPLE BISTRO
Wielandplatz 2
99423 Weimar
www.tanyaharding.de

Veröffentlicht am:
30.03.2022