Mit altem Wissen zur perfekten Rodelbahn: der Eismeister aus dem Thüringer Wald

Es ist kalt, die Sonne scheint, und Andrej Bäcker blickt zufrieden auf seinen Arbeitsplatz. Minus fünf Grad – das ist sein „Wohlfühlklima“, wie er es nennt, und optimal für die Rodelbahn in Oberhof. Unter diesen Bedingungen kann Bäcker, der Eismeister im thüringischen Wintersportzentrum Oberhof, die Bahn auf allerhöchstem Niveau präparieren. Seit 2014 kümmert er sich mit Leidenschaft und Präzision um die Eisbahn.

Auch heute glänzt und funkelt die Strecke. Nacheinander rutschen zwei Rodler – Junioren beim Training – rückwärts mit dem Rennschlitten die Eisrinne herunter. Das Eis ist zu schnell für sie, das bedeutet Nacharbeiten. Bäckers Arbeit erfordert Ausdauer, Geduld und das Wissen eines echten Experten.

Am Wintersportzentrum Oberhof beginnen die Vorbereitungen für die perfekte Bahn bereits im Oktober. Ein ausgeklügeltes Rohrsystem, das kalte Gegenteil einer Fußbodenheizung, bringt die Bahn auf Temperatur und kühlt das Betonbett der Anlage auf minus sechs Grad herunter. Es entsteht Raureif, die Basis, aus der in ein paar Monaten eine glatte Eisschicht entsteht.

Bäcker und sein Team sprühen Wasser auf den Raureif, die Schicht wird dicker, Eis bildet sich so auch in den Steilkurven. Mit jedem Durchgang wird die Eisschicht um ein bis zwei Millimeter erhöht und mit Schnee optimiert. Am Ende müssen es durchgängig drei Zentimeter sein, um hier nationale und internationale Wettbewerbe auszutragen.

Sie müssen kein Profi sein, um in Oberhof Rodelspaß zu erleben! Die Naturrodelbahn ist für alle Altersgruppen geeignet und mit knapp 2 km Länge die längste in Thüringen. Der Thüringer Wald bietet Rodelfans aber auch noch weitere Highlights.

In der Saison von Oktober bis Ende Februar beginnt für Andrej Bäcker der Tag um 6 Uhr morgens. In der Regel ist er vor allen anderen da und beginnt oben am Start mit seiner Arbeit. Von dort aus geht es 1.354 Meter in Richtung Ziel, im Fall von Bäcker mit Schaufel und Eishobel. Der Raureif muss aus der Eisrinne gekratzt werden. Auf der Geraden kann man auch mit Motorkraft arbeiten, aber in den insgesamt 15 Kurven funktioniert das nicht, weshalb die Bahn maßgeblich in Handarbeit entsteht.

Bäcker steht nicht allein in dieser Tradition. Als er 1998 als Wolgadeutscher nach Thüringen kam, fand er in Suhl eine neue Heimat und gründete dort eine Familie. In Thüringen lernte er von den Besten: Ralf Mende, dem dienstältesten Eismeister in Altenberg, und Toralf Beck, heute Chef der Skisprungschanze in Oberhof. Die beiden Experten brachten ihm das Handwerk bei – das Wissen, wie man eine Weltklassebahn mit Schnee und Wasser auf Topniveau hält, über Monate hinweg und bei jeder Witterung.

Das überlieferte Know-how ist entscheidend, um die mittlerweile über 50 Jahre alte Bahn in Oberhof optimal vorzubereiten. Zwar wurde die Strecke im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2023 umfassend modernisiert, aber es braucht die entsprechende Expertise, um das Eis richtig zu behandeln und die Bahn auf Weltklasseniveau zu halten. „Ich habe viel lernen müssen, und viele Menschen haben mir dabei geholfen“, sagt Bäcker. „Immer dranbleiben.“

Der jetzige Eismeister von Oberhof nimmt es sehr genau und „kuschelt“ regelmäßig mit dem Eis. So nennt Bäcker es, wenn er sich auf die Eisbahn legt, um zu sehen, wo die Bahn noch Macken hat, die es auszubügeln gilt. Diese akribische Herangehensweise ermöglicht es ihm, das Eis so zu perfektionieren, dass es den höchsten Ansprüchen gerecht wird.

Der Erfolg gibt ihm recht: Die Bahn in Oberhof ist nicht nur eine der modernsten Rodelstrecken der Welt, sondern auch richtig schnell. Mit bis zu 120 Kilometern pro Stunde gleiten die Fahrer durch die Rinne. Andrej Bäcker ist in Thüringen zum Experten geworden, hat von anderen gelernt und schließlich seine Leidenschaft gefunden. Oberhof schätzt seinen Eismeister – und das seit über 10 Jahren.