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Schillernde Geistesgrößen: der Dichterbund Goethe und Schiller in Weimar

Seinen Ruf als Kulturstadt verdankt Weimar nicht zuletzt den Dichtern Goethe und Schiller. Hier begründeten sie die Weimarer Klassik. Dass der Hesse Goethe und der Schwabe Schiller ihren Bund in Thüringen stifteten, war kein Zufall. Im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, zu dem auch die nahe gelegene Universität Jena gehörte, fanden sie durch das liberale politische Klima beste Voraussetzungen. Sichtbares und bekanntes Zeugnis für den Bund der Dichter und deren Schaffen in Thüringen ist das Doppelstandbild vor dem Nationaltheater Weimar.

Im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach herrschte nach den Grundsätzen des aufgeklärten Absolutismus ein ungewöhnlich liberaler Geist; Herzog Carl August gab 1816 seinem Land als Erster eine Verfassung, die den Untertanen Presse- und Meinungsfreiheit garantierte. So entwickelte sich Weimar zur fruchtbaren Wahlheimat von Literaten wie Schiller, Goethe oder Herder – die Geburtsstunde der Weimarer Klassik. Im gleichen Klima zog es fortschrittlich und radikal denkende Philosophen wie Fichte und Hegel an die Universität von Jena. Keine andere Region Deutschlands konnte um 1800 eine derartige Dichte an intellektueller Brillanz aufweisen.

Eine Freundschaft großer Literaten

Auf Einladung des Herzogs Carl August verließ Johann Wolfgang von Goethe Frankfurt und traf im November 1775 in Weimar ein. Der Herzog spannte ihn nicht nur für private Dinge ein, sondern übertrug ihm auch zahlreiche Regierungsämter – vom Leiter der Kriegskommission über den Direktor des Wege- und Bergbaus bis hin zum Leiter der Finanzverwaltung und faktischen Kabinettschef (Ministerpräsident). Über 50 Jahre lebte Goethe in Weimar und hinterließ Spuren als Wissenschaftler, Jurist, Politiker und Dichter. In Weimar vollendet er nicht nur den „Faust“, im Park an der Ilm mit seinem Gartenhaus findet der Naturliebhaber, damals Mitte 20, Inspiration für seine Werke. Was er in zahlreichen Betrachtungen beschrieb, lag buchstäblich vor seiner Haustür und hat noch heute Bestand.

Auch Schiller verbrachte einen großen Teil seines Lebens in Thüringen. 1782 gewährte ihm Carl August Exil. Der junge Sturm-und-Drang-Dichter musste über Nacht aus Württemberg fliehen. Der Grund: Sein Theaterstück „Die Räuber“, das heute zur Pflichtlektüre im Deutschunterricht zählt, war der württembergischen Obrigkeit zu aufmüpfig. Goethe empfahl Schiller für eine Professorenstelle an der Universität Jena, die dieser 1789 antrat. Der Weimarer Minister Goethe besuchte den Jenaer Professor Schiller häufig und, wie es scheint, gern: Von Schillers Frau Charlotte ist überliefert, dass sie nachts kaum schlafen konnte – wegen des Gelächters nebenan. Goethe und Schiller haben einander beeinflusst, Briefe gewechselt, gemeinsam an der Zeitschrift „Die Horen“ gearbeitet und in den „Xenien“ gegen andere Autoren gestichelt.

Das Weimarer Hoftheater unter Johann Wolfgang von Goethe

Auch am 1791 gegründeten Hoftheater Weimar übernahm Goethe die Leitung. Schiller wirkte bis zu seinem Tod 1805 gemeinsam mit ihm an der Weimarer Bühne. Die Uraufführungen der drei Teile des „Wallenstein“ (1798/99) begründeten Schillers Ruhm als Dramatiker; außer der „Jungfrau von Orleans“ wurden alle seine Dramen in Weimar uraufgeführt. Auch danach ist das Theater mit großen Namen verbunden: u. a. Hummel, Liszt und Wagner lösten die Ära der Literatur durch die Ära der Musik ab. Seit dem 19. Januar 1919, dem Tag der Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung, heißt das Hof- und spätere Landestheater „Deutsches Nationaltheater“.

Weimar als Ort der Symbiose von alter und neuer Kultur

Goethe selbst und erst recht die Nachwelt haben den Bund mit Schiller später verklärt. Sichtbares Zeugnis dafür ist das Doppelstandbild vor dem Deutschen Nationaltheater in Weimar. Das 1857 eingeweihte Kunstwerk trägt die pathetische Inschrift „Dem Dichterpaar Goethe und Schiller. Das Vaterland“. Verklärung hin oder her: Millionen von Besuchern wandeln in der Klassikstadt Weimar bis heute täglich auf den Spuren von Schiller und Goethe und bewundern die kostbaren Bestände der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Gleichzeitig ist die Stadt ein Anziehungspunkt für junge Kulturschaffende und kreative Gastronomen. So entsteht eine reizvolle Symbiose von alter und neuer Kultur. Die Unterschiede zwischen Sub- und Hochkultur oder zwischen „ernst“ und „unterhaltsam“ stellen hier keine Hemmnisse dar. Und wer das sinnliche Erleben zu unseren kulturellen Errungenschaften zählt, wird in der Region auch von exquisiten Kochkünstlern verwöhnt.

Veröffentlicht am:
21.06.2024