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Am Weihnachtsbaum hängt heutzutage auch Tannenbaum-Schmuck – die klassische Christbaumkugel aus Glas stammt ursprünglich aus Thüringen.
Am Weihnachtsbaum hängt heutzutage auch Tannenbaum-Schmuck – die klassische Christbaumkugel aus Glas stammt ursprünglich aus Thüringen.

Thüringen schmückt jedes Weihnachtsfest.

Egal ob Holz, Glas, Porzellan oder Papiermaché – Thüringen hat die Stoffe, aus denen Weihnachtsträume sind. Im Freistaat wird aus den verschiedensten Materialien stimmungsvoller Weihnachtsschmuck gefertigt. Selbstverständlich liefert Thüringen auch den passenden Weihnachtsbaum dazu – und das bis in die Hauptstadt.

Wie aus der Not ein Weihnachtsklassiker wurde.

Auch wenn es nicht jeder weiß, hat eigentlich so gut wie jeder ein Stück Lauscha bei sich zu Hause: Christbaumkugeln. Und das ist kein Zufall. Denn Lauscha ist seit mehreren Jahrhunderten ein Zentrum der Glasbläser: In Familien-Manufakturen wurden hier schon im 18. Jahrhundert Getränkegläser und Glasperlen hergestellt, wie zum Beispiel in der Farbglashütte Lauscha oder der Glasbläserei „Thüringer Weihnacht“.

Die Weihnachtskugel entstand dabei der Legende nach aus der Not heraus. Denn obwohl ihre Kunst weit über die Grenzen Lauschas hinaus begehrt war, zahlte sich dies für die Glasbläser nicht in barer Münze aus. Und während sich reichere Familien ihren Weihnachtsbaum häufig mit Walnüssen und kandierten Äpfeln schmückten, war dies für die Bewohner im Thüringer Wald ein unerschwinglicher Luxus. Früchte und Zucker waren quasi unbezahlbar. Quarzsand, Soda und Pottasche – die Zutaten für die Glasherstellung – kosteten dagegen sehr wenig. Ein findiger Glasbläser aus Lauscha kam deshalb auf die Idee, Äpfel und Nüsse aus Glas zu blasen und sie an seinen heimischen Weihnachtsbaum zu hängen.

Die Christbaumkugel war geboren. Schnell machte sie die Runde, erst in Lauscha, wo immer mehr Glasbläser ins Geschäft einstiegen, dann weit über die Grenzen der Stadt, Thüringens und Deutschlands hinaus.

Die Frauen der Glasbläser.

Das Glasblasen war ursprünglich eine Familienangelegenheit. In Heimarbeit war die ganze Familie in die Produktion mit einbezogen. Und hier gab es eine klare Aufgabenteilung. Während den Männern die Aufgabe des Glasblasens am Feuer „vor der Lampe“ zukam, übernahmen die Frauen das Veredeln und Verzieren der Kugeln. Und auch der Transport des zerbrechlichen Weihnachtsschmucks zu den Sonneberger Verlegern war Frauensache. Von wegen „schwaches Geschlecht“. So waren die „Lieferfrauen“ mit den hochbeladenen, bis zu 20 kg schweren Tragekörben ein alltäglicher Anblick auf den Dorfstraßen.

Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhundert sind die Glasbläserfrauen einen beschwerlichen, 15 Kilometer langen Weg quer durch das Thüringer Schiefergebirge bis nach Sonneberg gewandert.

Wer nachempfinden will, was diese Frauen damals geleistet haben, der kann sich auf dem „Lauschaer Glasbläserpfad“ auf ihre Spuren begeben. Wir wünschen viel Spaß.

Vom Christkind bis zu Donald Duck.

Noch heute entstehen in den Farbglashütten Lauschas Christbaumschmuck in Handarbeit. Waren es zunächst nur Kugeln, die die Glasbläser herstellten, wurden Formen und Farben mit der Zeit immer aufwendiger und detaillierter. Eine große Inspiration für die Glasbläser war von jeher die Natur vor der eigenen Haustür. Tannenzapfen, Früchte, Eulen, Sterne und das Mondgesicht waren beliebte Motive. Aber auch die Singvögel des Thüringer Waldes wie Dompfaffe, Zeisige und Stieglitze. Und das aus gutem Grund dienten die kleinen Flugkünstler den Glasbläsern quasi als Alarmanlage.

Das Problem in den Werkstätten war nämlich, dass bei der Arbeit über dem offenen Feuer schnell der Sauerstoff aufgebraucht sein konnte. Darum hatte jeder Glasbläser einen Vogel an seinem Arbeitsplatz. Fiel dieser von seiner Stange, wusste der Glasbläser, dass es Zeit wurde, eine Pause zu machen und für neue Atemluft zu sorgen. Aus Dankbarkeit setzten sie den gefiederten Lebensrettern ein gläsernes Denkmal, das man noch heute an vielen Weihnachtsbäumen sieht.

Heute gehen die Motive weit über die heimische Flora und Fauna hinaus. Weihnachtliche oder spirituelle Symbole wie das Christkind, Engel, Glocken und Trompeten gehören in jede wohl sortierte Weihnachtsschmuckkiste. Aber es geht auch deutlich ungewöhnlicher. Phantasie und Inspiration der Glasbläser sind praktisch keine Grenze gesetzt. So sind auch Disneyfiguren oder Dinos keine Seltenheit im Sortiment.

The Kugels erobern Amerika.

Der amerikanische Geschäftsmann Frank Woolworth war Ende des 19. Jahrhunderts mit seinem „5-10-Cent“-Geschäftsmodell schwerreich geworden. 1880 suchte er Produkte, die sein Weihnachtsgeschäft ankurbeln sollten. Unter anderem im thüringischen Sonneberg. Die Stadt war eigentlich für Spielzeug bekannt. Aber Woolworth stieß auf die Christbaumkugeln aus Lauscha und erkannte sofort das Potenzial der filigranen Glaskunstwerke. Also nahm er sie in sein Gebrauchswaren-Sortiment auf. Die ersten Christbaumkugeln wurden über den Atlantik verschifft, entwickelten sich schnell zum Verkaufsschlager und schmückten fortan zahlreiche US-amerikanische Weihnachtsstuben. Der Siegeszug der „Kugels“ hatte begonnen. Und es sollte ein langer Zug sein. Amerika war über Jahrzehnte hinweg der größte Abnehmer der Lauschaer Weihnachtskugeln.

  • Vom Vogel bis zum Tannenbaum – die Glasproduktion bietet in Form und Gestaltung reichlich Abwechslung für den Weihnachtsschmuck.
  • Der Lauschaer Kugelmarkt feierte 2022 sein 30-jähriges Bestehen.

Wie man aus Pappe Gold macht.

Hätte nicht irgendjemand sich mal die Rückseite der Kellertür des Unternehmens angesehen, wäre das Wissen um die Herstellung von Marolin-Weihnachtsschmuck für immer verloren gewesen. Dort befand sich nämlich die verloren geglaubte Familienrezeptur mit genauen Mengenangaben für die Herstellung der einzigartigen Pappmaché-Mischung Marolin. Aus dieser leicht formbaren Masse konnten Figuren so sensibel und detailgetreu geformt werden, wie es etwa mit Holz nicht möglich war. Wie schon bei Firmengründung im Jahre 1900 wird auch heute wieder alles kunstvoller Handarbeit ausgeführt. In mehreren Arbeitsschritten entstehen dabei filigrane Krippenfiguren, Zwerge oder Zapfen, die zur Adventszeit unterm Weihnachtsbaum oder der Fensterbank stehen.

Die Wurzel des Weihnachtsbaums.

Ob in der heimischen Stube oder öffentlich auf zentralen Plätzen. Der festlich geschmückte Weihnachtsbaum ist der Hingucker zur Adventszeit. Der Freistaat hat ein ganz besonderes Verhältnis zu den immergrünen und doch bunten Bäumen, die einfach zum Weihnachtsfest dazu gehören.

20, 25 oder noch mehr Meter recken sich die Weihnachtsbäume in den Himmel. Deutlich kleiner dürfte der Baum gewesen sein, den der Weimarer Wilhelm Hoffmann aufgestellt hat. Trotzdem gebührt ihm ein besonderer Platz in der Geschichte: Er gilt als erster öffentlicher Weihnachtsbaum. Zumindest, wenn man den Weimarern glaubt. Am 22. Dezember 1815 stellte Hoffmann eine mit Äpfeln und Zuckerwerk geschmückte Tanne direkt vor dem Cranachhaus am Weimarer Marktplatz auf. Beseelt vom weihnachtlichen Gedanken der Nächstenliebe, wollte der Buchhändler mit seinem Baum armen Kindern eine Freude machen und gleichzeitig Spenden für Bedürftige sammeln. Die Aktion wurde ein Erfolg und der Baum zum Vorbild für viele andere Städte, die in den folgenden Jahren ebenfalls Weihnachtsbäume öffentlich aufstellten. Heute gehört diese Tradition zur Adventszeit wie der Weihnachtsmarkt und vielerorts wird die Auswahl und das Aufstellen des zentralen Baums zum Event.

Thüringer Weihnachtsbäume von Berlin bis Großbritannien.

In Berlin schmücken zahlreiche Weihnachtsbäume das Stadtbild. Einer der spektakulärsten Bäume steht dabei auf dem Pariser Platz. Der Standort könnte nicht besser gewählt sein. Vorne der mit 30.000 Lampen hell erleuchtete Baum und im Hintergrund das Brandenburger Tor. Das perfekte Postkartenmotiv, das auch immer ein Stück Thüringen zeigt. Denn seit 2013 kommen die stattlichen Gewächse aus den Wäldern des Freistaats und tragen so zu einem der stimmungsvollsten Bilder der Hauptstadt bei.

An dem Motiv des Weihnachtsbaums erfreuen sich auch die Briten heutzutage. Die Tradition brachte Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha. Bereits als Kind lernte er die Tradition des Weihnachtsbaums am Gothaer Hof kennen. Als er 1840 seine Cousine Queen Victoria heiratete, nahm er den Brauch der Heimat gleich mit. Zur Begeisterung von Victoria. Fortan übernahm es das royale Paar höchstpersönlich, zu Weihnachten einen Baum zu dekorieren. 1848 berichtete die Zeitung „The Illustrated London News“ über das königliche Christbaumschmücken und zeigte die Familie versammelt um den Weihnachtsbaum. Schnell nahmen sich Victorias Untertanen, die beliebte Monarchin und ihren Gatten zum Vorbild und schon wenige Jahre später stand in vielen Stuben ein Weihnachtsbaum, bzw. Christmas Tree.

Prinz Albert war jedoch nicht der Erste, der die Idee des Weihnachtsbaums nach England brachte. Victorias Tante Adelheid von Sachsen-Meinigen, eine gebürtige Thüringerin und sieben Jahre lang Königin von England, stellte schon einige Jahre früher zum Fest einen geschmückten Baum auf. Doch blieb der Baum unter ihrer Regentschaft ein Privileg des Adels. Populär machten den Weihnachtsbaum erst Victoria und Albert. 2015 erinnerte Queen Elisabeth II an diese weihnachtliche Episode Großbritanniens. Das motivierte die Familie zu Sachsen-Coburg und Gotha, der Königin im folgenden Jahr einen Weihnachtsbaum aus den eigenen Wäldern zu schenken. Hocherfreut stellte Elizabeth das gute Stück vor Schloss Windsor auf. Geschmückt wurde der Baum mit 2.000 Christbaumkugeln aus dem thüringischen Lauscha, der Heimat des gläsernen Weihnachtsschmucks.

  • Der Weihnachtsbaum vor dem Brandenburger Tor stammt seit 2013 aus Thüringen.
  • Kinder sind in der Weihnachtszeit fasziniert von Geschenken - und von bunten Christbaumkugeln.

Veröffentlicht am:
01.12.2023