Zum Inhalt springen
Im Westturm von Schloss Friedenstein: das älteste Barocktheater der Welt mit originaler Verwandlungsbühne.

Barocke Spezialeffekte. Das Ekhof-Theater in Gotha.

Jeden Sommer werden in Gotha wieder Kulissenschieber gesucht. Dann strömen Theaterliebhaber von überall ins Schloss Friedenstein, zum ältesten vollständig erhaltenen Barocktheater der Welt. Beim jährlichen Ekhof-Festival erwacht die über 300 Jahre alte Bühnenmaschinerie des gleichnamigen Theaters zu neuem Leben. Sie ist ein hölzernes Wunderwerk und wird wie anno 1687 per Muskelkraft betrieben. In Sekundenschnelle kann sie eine Kulisse verschwinden und ein neues Bühnenbild erscheinen lassen. Während der Aufführung, wohlgemerkt. Dafür bedienen bis zu 15 Mann im Verborgenen ein ausgeklügeltes System von Seilen, Rollen und Drehbäumen.

Im Rahmen des Ekhof-Festivals können die Zuschauer das beindruckende Spektakel einige Wochen lang live bestaunen. Die Theaterstücke und Inszenierungen sind auf die Bühne mit ihren besonderen Finessen zugeschnitten. So finden sich Schurken, die eben noch im Wald standen, von einem auf den anderen Moment im Kerker wieder. Wie aus dem Nichts fängt es auf der Bühne an zu donnern und zu stürmen, von Hand erzeugt durch Eichenkugeln in einem Holzschacht oder ein Leinentuch, das auf einer Trommel gedreht wird. So authentisch lassen sich die Stoffe des 17., 18. und frühen 19. Jahrhunderts nur auf dem Ekhof-Festival in Gotha erleben. Es findet immer im Sommer statt, mit einem bunten Programm aus Schauspielproduktionen, Opern, Lesungen und Konzerten.

Die Kunst des großen Auftritts.

Ob Kino-Blockbuster heute oder Theaterbühnen im 17. Jahrhundert: wer die besten Spezialeffekte hat, kriegt die Massen. Das wusste schon Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg, der Erbauer des Ekhof-Theaters. Er stattete es zwischen 1681 und 1687 mit der zu seiner Zeit modernsten Kulissenbühne nach Vorbild des italienischen Bühnentechnik-Erfinders Torelli aus. 80 Jahre lang beeindruckte sie ausschließlich höfische Gäste, bis sich das Schlosstheater 1775 dem gemeinen Volk öffnete. Es war ein Publikumsmagnet und das erste mit festem Ensemble. Der heutige Name des Theaters geht auf Conrad Ekhof zurück, den damals gefeierten Ensemble-Leiter. Nach einigen Zwischennutzungen wurde das Barockjuwel von 1966 bis 1968 umfassend saniert und in die Fassung der Ekhof-Zeit zurückversetzt. Seit ihrer Restaurierung im Jahr 1995 ist die kostbare historische Bühnenmaschine wieder der unangefochtene Star des Hauses.

Eine so berühmte Bühne residiert natürlich in einem standesgemäßen Domizil: im Westturm von Schloss Friedenstein. Majestätisch thront Deutschlands größter Schlossbau aus dem 17. Jahrhundert in Gotha auf einem steilen Burgberg. Herzog Ernst I. der Fromme ließ das Schloss von 1643 bis 1654 erbauen. Als Ort für eine bessere Zeit in den Jahren des ausgehenden Dreißigjährigen Krieges. Tatsächlich begann mit dem großen Ernestiner eine Epoche der Reformen und des Aufbruchs. So zeugen die zahlreichen in der ehemaligen Residenz beheimateten Museen von den vielfältigen kulturellen und wissenschaftlichen Interessen der Herzöge von Gotha. Die 365 Zimmer des Schlosses reichen kaum aus für ihre Sammelleidenschaft. Das faszinierendste Schmuckstück im Schloss Friedenstein aber ist das Ekhof-Theater, die barocke Bühne im Westturm. Eines der ältesten und vermutlich schönsten Barocktheater der Welt.

Der Meister der Illusion.

Als leitender Bühnentechniker im Ekhof-Theater zu Gotha ist Stefan Dittmayer verantwortlich für die 300 Jahre alte Bühnen-Maschinerie. Angefangen hat der gelernte Veranstaltungstechniker als Kulissenschieber. Heute kümmert er sich um die Erhaltung der historischen Mechanik und sorgt dafür, dass bei den Vorstellungen alles reibungslos funktioniert. Im Video führt uns Stefan Dittmayer hinter die Kulissen seines einzigartigen Arbeitsplatzes.

 

Um das Video anschauen zu können, müssen Sie das YouTube-Cookie aktivieren.

Die ursprüngliche Reportage der WELT zum Ekhof-Theater lesen Sie hier.

Veröffentlicht am:
03.09.2023

Weitere Artikel