Trachten machen Leute.
Und Traditionen bunter.
Vom 12. bis zum 16. Juli 2023 feierte Gotha die Europeade – das Treffen der Trachten- und Tanzgruppen.
Und das Fest der Farben.
Farbenfroh in den Feiertag. Trachten werden heute vor allem zu festlichen Anlässen getragen; an traditionellen Feiertagen oder bei Volksfesten. Trotzdem sind Trachten viel mehr als Sonntagskleidung. Die Menschen einer Region bringen damit ihre kulturelle Identität zum Ausdruck.
Das Wort Tracht geht auf den althochdeutschen Begriff „traht“ zurück, der nichts anderes bedeutet als „tragen“. Bis ins 17. Jahrhundert war die Tracht eine Art Kleiderordnung: die Landesfürsten gaben vor, was in ihrem Land getragen wurde. Die Tracht gab nicht nur Auskunft zur regionalen Herkunft des Trägers. Sie regelte auch die Rangordnung der Stände. Die Art, wie man die Tracht trug, verriet den Familienstand oder sogar die finanziellen Verhältnisse. Es gibt keine einheitliche Trachtenmode“, bestätigt Knut Kreuch, Präsident des Deutschen Trachtenverbands und Landesvorsitzender des Thüringer Landesverbands. Der Verband umfasst mehr als 90 Vereine mit rund 5.000 Mitgliedern. Thüringen prägt die deutsche Trachtenbewegung bis heute maßgeblich mit. Ein Überblick über das kleidende Kulturgut.
Finsterbergen: die Wiege der Thüringer Tracht
Die Entwicklung des mechanischen Webstuhls ermöglichte ab dem 19. Jahrhundert, Stoffe günstiger herzustellen. Das nutzten die Menschen, um sich selbstbestimmter zu kleiden. Zur Bewahrung der Trachtentradition gründeten sich deshalb die ersten Trachtenvereine: 1895 entstand die Trachtengruppe Finsterbergen als erster thüringischer Trachtenverein. Es folgten weitere in Ruhla, in Tabarz und Friedrichroda. Die Vereine begleiten seitdem die Entwicklung der Trachtenmode und unterstützen somit auch den Tourismus.
Das Alte im Neuen fortführen
Eine Tracht ist alles andere als eine unveränderliche, traditionsreiche Form, sich zu kleiden, sie wandelt sich stetig. „Die Fortentwicklung zeigt zum Beispiel, dass Röcke mit der Zeit gerne etwas dünner und kürzer gemacht wurden oder sich die Vielzahl der schweren Unterröcke reduzierte. Es wurden leichtere Stoffe verwendet und die Tracht wurde insgesamt praktischer und moderner“, erklärt Kreuch. Dabei blieb aber eine Tradition: Wird eine neue Tracht hergestellt, verwebt der Hersteller ein Stück Stoff der alten Tracht in die neue Kleidung. „Dies kann zum Beispiel das Band um den Rock sein oder auch das Einfassband am Mieder. Es symbolisiert den Grundgedanken der Trachtenbewegung: das Alte fortzuführen, aber dennoch nie stehen zu bleiben“, so Kreuch.
Bis heute bleiben auch die traditionellen Bestandteile in einer Tracht erhalten: Frauen tragen eine hochgeschlossene Bluse, einen Rock mit Schürze und Mieder und zeigen kein nacktes Bein. Die Trachtenmode der Männer hingegen ist geprägt von einer Hose, einem langen Hemd mit Weste und einer Jacke. Gerne wird auch ein Spenzer getragen, eine taillenkurze, enganliegende Jacke mit einer Art Schößchen.
Wechmar vereint die Trachtenvereine
Ein Höhepunkt der modernen Trachtenbewegung war 1994 das erste bundesdeutsche Volkstrachtenfest im thüringischen Wechmar. „Hier trafen sich über 200 Vereine aus ganz Deutschland erstmalig und es gründeten sich viele regionale Vereine“, erklärt Kreuch. Dazu wird seit einigen Jahren die „Tracht des Jahres“ gekürt: „Dreimal haben dort schon Thüringer Trachten gewonnen: die Tracht von Ruhla, die Altenburger Bauerntracht und die Tabarzer Schurztracht“, erzählt Knut Kreuch stolz.
Dazu entstand der Tag der Tracht am dritten Sonntag im Oktober. „Das ist eine bundesweite Veranstaltung, bei der sich die Vereine treffen und die Tracht in den Mittelpunkt stellen“, so Kreuch. An diesem Tag kann jegliche Tracht gesehen werden: von der alltäglichen Trachtenmode über die Tracht eines Berufsstands bis zur Festkleidung. Denn das mache die Tracht laut Knut Kreuch aus: „Tracht ist auch immer Herkunft.“ Und somit ein wertschätzender Ausdruck der eigenen kulturellen Identität.
Veröffentlicht am:
14.10.2022