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 Eine Blaskapelle präsentiert sich in Tracht mit weißen Hosen und blau-roten Jacken bei einem Festumzug in Mühlhausen.
Festumzug bei bestem Wetter auf der Mühlhäuser Kirmes.

Kirmes in Thüringen: wo Tradition auf Lebensfreude trifft

Der Ursprung der Kirmes oder auch Kirchweihe liegt bereits im Mittelalter. Wurde eine Kirche fertiggestellt, weihte man sie feierlich mit einer Messe ein – die Kirmes war entstanden. Während die Kirmes ursprünglich also ein religiöses Fest war, wurde sie mit der Zeit zu einem festen Bestandteil des örtlichen und städtischen Lebens in Thüringen. Besonders im Oktober, nach der Erntezeit, hatten die Menschen Zeit, gemeinsam zu feiern. Die Kirmes zählt zu den ältesten und traditionsreichsten Volksfesten Thüringens.

Die erste belegbare Kirmes, die bis zum heutigen Tag noch fortlebt, fand 1274 in Oberdorla statt. Über die Jahre mehrten sich die Kirchweihen. Bis heute wird das Fest für Jung und Alt fast überall im Freistaat zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert und trotz moderner Einflüsse und veränderter Bräuche bleibt der Kern der Kirmes erhalten. Der Name des Festes ist vielfältig: Kermes, Kerms, Kerb, Kirchweih oder Kirchenweihe vereinen allesamt das Fest der Kirmes. Die erste und größte Stadtkirmes ist bis heute die Mühlhäuser Kirmes, die jedes Jahr viele Besucher begeistert.

Mittelpunkt der Festgemeinschaft: die Kirmesgesellschaft

Die Thüringer Kirmes wird meist mehrere Tage gefeiert und beginnt häufig am Wochenende. Die heutige Kirmes vereint vielerorts sowohl gemeinsame als auch lokale Bräuche und Traditionen. Verbreitet sind der geschmückte Kirmesbaum, ähnlich dem Maibaum, und die ausgelassenen Kirmes-Tanzabende. Vorbereitet wird dies von der Kirmesgesellschaft – den sogenannten Kirmesmädchen und -burschen –, die sich in eigens dafür vorgesehenen Vereinen zusammenfinden. 

Die Kirmesgesellschaft ist vielerorts aber nicht nur Organisator, sondern selbst Mittelpunkt der Festgemeinschaft. Oft noch in traditionellen Trachten gekleidet, bildet sie in vielen Regionen den Kirmesumzug, bei dem von Haus zu Haus jeder Familie ein Ständchen gebracht und auf deren Wohl getrunken wird. Das ist nicht immer eine kleine Sache – je nach Größe des Ortes kann der Umzug gut drei Tage dauern!

  • Tanzmariechen auf der Kirmes in Mühlhausen

  • Neben Tradition und Geschichte: bunte Kostüme bei der Mühlhäuser Kirmes

Alte Bräuche: Hahnenschlag und Hammeljagd

Auch speziellere Bräuche finden sich in der Thüringer Kirmes, beispielsweise das Hahnenschlagen oder die Hammeljagd, wenn auch in modernisierter Form. Beim Hahnenschlagen tanzten einst die Kirmesmädchen mit verbundenen Augen um einen umgedrehten Topf mit einem Hahn darunter, ganz ähnlich dem „Topfschlagen“. Diejenige, die mit dem Löffel als Erste den Topf traf, hatte den Hahn gewonnen – in früheren Zeiten ein wahrer Hauptgewinn. 

Bei der Hammeljagd waren eher die Burschen gefragt: Ein Hammel wurde unters feiernde Volk gebracht. Wem es gelang, das Tier im anschließenden Trubel einzufangen, der wurde als Hammelkönig gekrönt und durfte das Tier sein Eigen nennen. Heutzutage sind echte Tiere aus Tierschutzgründen nicht mehr denkbar. Stattdessen wird beispielsweise im thüringischen Ingersleben auf einen Keramikhahn geschlagen und für den Titel des Hammelkönigs müssen blaue Plastikfässer durch einen Parcours gerollt werden. 

Ein Fest mit Herz, Humor und Historie

Die Thüringer Kirmes ist weit mehr als nur ein Fest. Sie ist ein lebendiges Zeugnis jahrhundertealter Traditionen, die für Gemeinschaft sorgen und Freude schenken. Mit ihren vielfältigen Bräuchen – von Hammeljagd bis Kirmesbaum – verbindet sie Vergangenheit und Tradition mit der Gegenwart auf einzigartige Weise. Dass die Mülhäuser Stadtkirmes 2027 ihr 150. Jubiläum feiert, zeigt, wie sich die Kirmes in das Thüringer Leben integriert hat. Auch in Zukunft wird sie ihre Bedeutung als kulturelles Highlight bewahren und sich gleichzeitig weiterentwickeln, um Jung und Alt zu begeistern. So bleibt die Thüringer Kirmes ein fester Bestandteil des Kulturkalenders und Anlass, die Menschen zusammenzubringen.