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Detektivarbeit: Wie Pflanzen der Medizin auf die Sprünge helfen

Wenn man an Detektivarbeit denkt, kommen einem vielleicht Geschichten von Agatha Christie in den Sinn. Doch auch Wissenschaftler wie Prof. Dr. Sarah O’Connor, Direktorin der Abteilung Naturstoffbiosynthese am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena arbeiten ähnlich wie Detektive. Sie untersuchen, wie Pflanzen bestimmte Stoffe produzieren, mit denen sie sich vor Feinden schützen. Denn genau diese Stoffe könnten Anwendung in der Medizin finden, um Krankheiten zu bekämpfen.

Pflanzen als chemische Fabriken

„Pflanzen können nicht weglaufen, wenn sie sich in Gefahr befinden“, erklärt Prof. O’Connor, also müssen sie sich auf andere Weise schützen. Sie produzieren giftige Chemikalien wie etwa Strychnin, bekannt als Rattengift und Giftstoff in Kriminalfällen. Und genau diese faszinierende Eigenschaft ist die Grundlage der Forschung von Prof. O’Connor. „Wir wollen herausfinden, wie genau Pflanzen diese nützlichen Moleküle herstellen“, sagt die Wissenschaftlerin. Ihre Forschung geht dabei einen detektivischen Weg: Zuerst entschlüsseln die Forscher die Gene in der Pflanze, die für die Produktion des Moleküls verantwortlich sind. Dann verfolgen sie Schritt für Schritt die einzelnen Stationen des Synthesewegs.

  • Im Labor werden chemische Prozesse in Pflanzen untersucht.
  • Das Forscherteam untersucht, wie eine Pflanze die benötigten Stoffe erzeugt.

Lokale Forschung mit globaler Wirkung

Für diese Detektivarbeit gibt es laut O’Connor keinen besseren Ort als Jena. So betont die gebürtige US-Amerikanerin, die nach mehreren Stationen an weltweit führenden Forschungseinrichtungen schließlich nach Thüringen gekommen ist, dass die Bedingungen in Jena ideal sind. Über 40 Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen arbeiten in ihrem Team, das Pflanzengewebe analysiert und mit Massenspektrometrie sowie bioinformatischen Methoden experimentiert. Nicht zuletzt spielen auch die erstklassigen Laboreinrichtungen eine zentrale Rolle.

Der Weg zur verbesserten Krebstherapie

Ein Paradebeispiel für den Erfolg dieser Forschung ist der Krebswirkstoff Vinblastin. Dieser Naturstoff wird bereits seit Jahren in der Krebstherapie verwendet, doch der natürliche Produktionsprozess in Pflanzen wie das Madagaskar-Immergrün, das das Alkaloid Vinblastin von Natur aus bildet, ist aufwendig und teuer. Das Team in Jena hat das komplexe Rätsel im Fall dieses Wirkstoffs gelöst und konnte den Syntheseweg entschlüsseln. Nun arbeiten sie daran, eine kostengünstigere und effizientere Produktion zu entwickeln – mithilfe synthetischer Biologie anhand von Tabakpflanzen. Deren Erbgut lässt sich nämlich leichter und schneller verändern als das anderer Pflanzen. 

„In Zukunft können wir Medikamente auf diese Weise günstiger und mit verbesserter Wirkung zugänglich machen“, erläutert O’Connor. Ihre Forschung könnte also nicht nur neue therapeutische Ansätze eröffnen, sondern auch die Herstellung lebensrettender Medikamente grundlegend verändern.

  • Prof. Dr. Sarah O’Connor in einem der Gewächshäuser ihres Instituts. 

  • Im Labor können die Wissenschaftler Wirkstoffe synthetisch herstellen. 

Abteilung Naturstoffbiosynthese am Max-Planck-Institut in Jena

Die Abteilung Naturstoffbiosynthese unter der Leitung von Prof. Dr. Sarah O’Connor erforscht die chemischen und biologischen Prozesse hinter der Produktion pflanzlicher Naturstoffe. Diese Stoffe spielen eine wichtige Rolle in Ökosystemen und haben oft auch medizinische Bedeutung. Der Forschungsschwerpunkt des Teams liegt auf Alkaloiden und Iridoiden – wichtigen pflanzlichen Verbindungen. Ziel ist es, neue Methoden zur Herstellung dieser wertvollen Substanzen zu entwickeln und die Mechanismen ihrer Biosynthese besser zu verstehen. 

Magazin "Zukunftsfragen"

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Veröffentlicht am:
11.09.2024