Thüringer Licht im Dienst der Weltraumforschung
Ohne moderne Lichttechnologien wären viele der heutigen Raumfahrtmissionen undenkbar. Jena, als führendes Innovationszentrum für Optik und Photonik, spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Faszination für die unendlichen Weiten ist in der „Lichtstadt“ spürbar – ob im weltweit dienstältesten Projektionsplanetarium oder in den hochmodernen Forschungslaboren der Albert-Einstein-Straße. Hier trifft Tradition auf Innovation, von hier aus nehmen Spitzentechnologien Kurs auf ferne Planeten – und zeigen, wie stark Thüringen im Weltall vertreten ist.
Raumsonde JUICE: mit Teleskop aus Jena auf dem Weg zum Jupiter
Es ist der 14. April 2023: Menschen auf der ganzen Welt sitzen gespannt vor dem Bildschirm und schauen live nach Französisch-Guayana. Dort steigt die Trägerrakete Ariane 5 mit der Raumsonde JUICE in den Himmel, eine acht Jahre lange Reise zum 860 Millionen Kilometer entfernten PlanetenJupiter steht ihr bevor. Eine Thüringer Forschergruppe fiebert an diesem Tag besonders mit. Denn sie leistet einen entscheidenden Beitrag zu einem der bislang ehrgeizigsten Projekte der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
JUICE wird den Jupiter und seine Eismonde in den nächsten Jahren erforschen, um zu prüfen, ob sich unter der Eisoberfläche Wasser und möglicherweise lebensfreundliche Bedingungen verbergen. Ein zentrales Instrument dieser Mission ist der „Ganymed Laser Altimeter“ (GALA), ein Laserhöhenmesser, der eine exakte Topografie des Mondes Ganymed erstellen soll. Das Spiegelteleskop, das die Lasersignale auffängt, wurde im Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena entwickelt.
Wo Optik, Lichttechnologien und präzises Messen aufeinandertreffen
Das Fraunhofer IOF forscht seit Jahrzehnten an der Schnittstelle zwischen Optik, Lichttechnologien und präzisen Messsystemen. „Mit unseren optischen Instrumenten blicken wir mithilfe von Licht in die Vergangenheit, können aber auch Rückschlüsse ziehen, wie sich die Zukunft entwickeln könnte,“ erklärt Prof. Andreas Tünnermann, Institutsleiter am Fraunhofer IOF, den Anspruch der Jenaer Forschung.
Artemis I–III: Präzision aus Jena für die Mondmission
In der Weltraumforschung ist Präzision das A und O – hier überzeugt die Thüringer Technologie auf internationalem Niveau. So rüsten Raumfahrtagenturen in Europa, Japan, den USA und Kanada ihre wichtigsten Missionen mit den Produkten der Jena-Optronik aus.
Ende 2022 navigierten zwei Sternsensoren der Jena-Optronik das NASA-Raumschiff Orion auf den Weg in die Mondumlaufbahn. Im Rahmen der unbemannten Mission Artemis I sorgten sie anhand von Sternmustern für eine exakte Ausrichtung des Raumschiffs. Und das war erst der Anfang:
„Die nächsten beiden Missionen werden dann mit Astronauten an Bord zum Mond fliegen,” erklärt Andreas Deter, Projektmanager bei Jena-Optronik „Und Artemis III wird, als erste bemannte Mission nach Apollo 17, wieder mit einem Landefahrzeug auf dem Mond aufsetzen.“
Letztere wird Jena-Optronik zusätzlich mit Rendezvous- und Dockingsensoren ausstatten, die eine präzise Annäherung und Kopplung des Raumfahrzeugs ermöglichen.
Landessternwarte Tautenburg: Thüringens Fenster zum Universum
Vom Weltraum zurück zur Erde: Nur zehn Kilometer von Jena entfernt, an der Thüringer Landessternwarte Tautenburg (TLS), betreiben Astronomen seit 1960 astrophysikalische Grundlagenforschung. Mit dem von Alfred Jensch entwickelten Universalteleskop beobachten sie ferne Galaxien und suchen nach extrasolaren Planeten – und damit nach Antworten auf die Frage, ob wir im Universum wirklich allein sind.
Was das Alfred-Jensch-Teleskop nach wie vor einzigartig macht, ist die Möglichkeit, es zur weltweit größten „Schmidt-Kamera“ umzubauen, also einem Teleskop, das für die Fotografie von ausgedehnte Himmelsobjekten wie Galaxien oder Sternhaufen optimiert ist. Die dafür notwendige Korrekturlinse, die in Tautenburg steht, hat einen Durchmesser von 1,34 Metern.
Prof. Markus Roth, seit 2023 Direktor der Sternwarte, hat die Sonne als Forschungsschwerpunkt gewählt. Sein Sonnenlabor „TauSoL“ soll Sonnenstürme frühzeitig vorhersagen, um Satelliten und Raumfahrt zu schützen. Ein weltweites Netzwerk von Sonnenobservatorien ist geplant und die Technologien dafür werden zum Teil auch am Fraunhofer IOF entwickelt.
Und die Zukunft hält noch mehr bereit: Während die JUICE ihre Reise zum Jupiter fortsetzt und das Sonnenlabor Gestalt annimmt, entwickeln Thüringens kreative Köpfe bereits neue Lichttechnologien für die Erforschung des Universums und andere Industrien.
Veröffentlicht am:
21.10.2024