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Raus aus der Abhängigkeit von Problemwerkstoffen: Batterieforschung in Thüringen 

Um erneuerbare Energien effizient nutzen zu können, muss die Energie mit Batterien nachhaltig verfügbar gehalten werden – von der gewöhnlichen AA-Batterie in der Fernbedienung bis zum Handyakku. Letztere sind meist Lithiumbatterien, die auch in E-Autos und in der Energiespeicherung regenerativer Energiequellen zum Einsatz kommen. Allerdings: Der steigende Bedarf lässt sich mit Lithiumbatterien nicht decken – es gibt schlicht zu wenig Lithium. Daher wird mit Hochdruck an neuen Batterietechnologien gearbeitet. Thüringen positioniert sich dabei mittlerweile nicht nur als Innovationstreiber in der Forschung, sondern ist auch als Produktionsstandort: in Jena an der Universität und dem Zentrum für Energie- und Umweltchemie CEEC, in Hermsdorf am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS und in Arnstadt am Batterie-Innovations- und Technologie-Center BITC

Da stimmt die Chemie: Energieträger aus Kunststoff und Natrium

Hier kommen Ulrich S. Schubert und Michael Stelter ins Spiel: Die beiden Jenaer Professoren forschen intensiv an verschiedenen Batterietechnologien. Professor Ulrich S. Schubert leitet das Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie an der Universität Jena. Energieforschung ist einer der Schwerpunkte des renommierten Wissenschaftlers. Er arbeitet mit organischen Molekülen und Kunststoffen, aus denen zum Beispiel sogenannte Redox-Flow-Batterien oder Dünnfilmbatterien für den medizinischen Bereich gebaut werden. Sie nutzen keine seltenen Erden oder Metalle und haben einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck als Lithiumbatterien.  

Am anderen Ende des Spektrums arbeitet Professor Michael Stelter, Lehrstuhlinhaber für Technische Umweltchemie an der Universität Jena und Mitglied der Institutsleitung des IKTS. Sein Steckenpferd sind die anorganischen Werkstoffe, allen voran die Natriumbatterie, die in Zukunft die Kosten für E-Autos deutlich reduzieren könnte. Sein Ziel ist das gleiche wie bei Ulrich Schubert: raus aus der Abhängigkeit von Problemwerkstoffen wie Kobalt und Lithium.

Batterien von der Forschung in die Praxis bringen: „Der Preis ist entscheidend für die Akzeptanz.“

Bei kleinen Anwendungen wie Solar-Balkonkraftwerken können die neuen Speichertechnologien noch nicht mit Lithiumbatterien konkurrieren. Lösungen für sehr große Speicher, zum Beispiel für Offshore-Windkraftwerke, sind aber möglich. Damit das in der Praxis funktioniert, müssen die Kosten gering bleiben, betont Stelter. Schubert ergänzt: „Die Wertschöpfung muss auch in Deutschland stattfinden. Wir haben volkswirtschaftlich nichts davon, wenn wir die Speicher nur importieren.“ 

Für eine Fertigungsstätte von Natriumbatterien gibt es bereits einen Investor. Das Thema ist aber auch für China interessant. Die schnelle Entwicklung dort habe die deutschen Forschenden kalt erwischt. „Zum Glück hat Thüringen klug gehandelt und früh genug eine regionale Forschungsgruppe finanziert“, sagt Stelter.  

  • Prof. Stelter forscht vor allem zu Natriumbatterien.
  • Ohne Problemwerkstoffe: Die Batterieforschung geht ganz neue Wege.

China: Konkurrent und Partner im Batterietechnologie-Wettbewerb

Stelter betont außerdem: „China ist nicht unser Feind. Wir arbeiten auch mit CATL zusammen, dem größten chinesischen Batteriehersteller. Er hat in Thüringen sein erstes europäisches Werk eröffnet.“ Dies sei kein Zufall: Die Firma profitiere vom „wissenschaftlichen Hinterland“ Jenas. So arbeiten beispielsweise viele der am CEEC Jena ausgebildeten Fachkräfte mittlerweile bei CATL in Arnstadt.

„In Thüringen gibt es weltbeste Batterieforschung.“

– Prof. Michael Stelter

Beide Professoren betonten die Bedeutung von Jena als Forschungsstandort. Bei nur 110.000 Einwohnern gibt es eine Uni, eine Hochschule für angewandte Wissenschaften, ein großes Uniklinikum, zwölf außeruniversitäre Forschungsinstitute plus Hightech-Industrieunternehmen wie Zeiss und Jenoptik.  

Ein weiteres Plus seien die kurzen Wege und eine technologieaffine Bevölkerung. „Hier wird schneller und strategischer gehandelt als in anderen Bundesländern. Das flutscht einfach“, sagt Stelter. Ulrich Schubert berichtet, er werde sogar auf der Straße auf neue Batterieentwicklungen angesprochen. Sein Fazit: „Es ist toll hier.“

Ausbildung und Karriere in der Batterieforschung in Thüringen

CEEC (Zentrum für Energie- und Umweltchemie) Jena 
Das CEEC ist eine Initiative der Uni Jena und des IKTS. Ein Forschungsschwerpunkt sind Batterien der nächsten und übernächsten Generation. Es werden Masterstudiengänge und Doktorandenstellen angeboten.

Friedrich-Schiller-Universität Jena 
Das Institut für Organische und Makromolekulare Chemie ist Teil der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät, an der auch in weiteren Instituten Batterieforschung betrieben wird. An der Fakultät ist nicht nur ein Studium, sondern auch eine Ausbildung zum Chemielaborant möglich. 

Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS 
Das IKTS betreibt anwendungsorientierte Forschung für Hochleistungskeramik, darunter für die Energietechnik. Das BITC ist ein Standort des IKTS und kooperiert unter anderem mit dem chinesischen Batteriehersteller CATL, dem Tür an Tür befindlichen Weltmarkführer für Batteriefertigung. Das IKTS bietet Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten für Schüler, Azubis, Studierende, Laboranten, Techniker und Forschende.

Lab2Fab
In den nächsten Jahren entsteht neben dem CEEC das Gründerzentrum Lab2Fab, in dem Entwicklungen aus dem CEEC zu Geschäftsmodellen für Start-ups werden können.  

Magazin "Zukunftsfragen"

Lesen Sie weitere spannende Forschungsgeschichten aus Thüringen im Magazin "Zukunftsfragen", das auch in größerer Bestellmenge bezogen werden kann.

 

Veröffentlicht am:
30.09.2024