
Edel und prunkvoll – Thüringen ist Ursprung vieler europäischer Fürstenhäuser.
Thüringens Schlösser: Wiege des europäischen Adels
Sie sitzen auf dem Thron von England und Schweden und wohnen in den Königspalästen Norwegens und Belgiens: die Nachkommen der Ernestiner. Ein Adelsgeschlecht, das von Thüringen aus die europäischen Fürstenhäuser prägte. Schloss Friedenstein in Gotha gilt dabei als Wiege des europäischen Adels. Aber auch die zahlreichen Schlösser, die überall im Freistaat stehen, zeugen von der Bedeutung der Ernestiner – und von einer kulturellen Vielfalt, die es so kein zweites Mal gibt.
Nirgendwo in Deutschland ist die Dichte an Schlössern und Burgen höher als in Thüringen. Grund dafür sind die vielen Erbteilungen, die zu einer immer größer werdenden Anzahl von Fürstentümern führten. Dabei ist nicht nur die Menge an Residenzen einmalig, sondern auch die kulturelle und architektonische Vielfalt, die daraus resultierte.
Schloss Friedenstein in Gotha: das Zuhause einer Dynastie
Als Ernst I. 1640 nach einer Erbteilung Herzog von Sachsen-Gotha wurde und damit eine Dynastie begründete, ließ er sich ein imposantes Residenzschloss erbauen, das nach diversen Erweiterungen und Umbauten heute mehrere hundert Zimmer zählt. Der Name: Schloss Friedenstein. Dank der vielen originalgetreuen Räumlichkeiten und vielfältigen Sammlungen wird es auch als „das Barocke Universum“ bezeichnet, das Jahr für Jahr zahlreiche Besucher nach Gotha zieht.
Ebenfalls ein Besuchermagnet: das im Westturm von Schloss Friedenstein beherbergte Ekhof-Theater – das älteste Barocktheater der Welt mit einer original erhaltenenen Verwandlungsbühne. Es wurde unter der Leitung von Herzog Friedrich I. – dem Sohn von Ernst I. – Ende des 17. Jahrhunderts erbaut und eröffnete 1775 als Hoftheater seine Türen für die breite Öffentlichkeit.
Reich an Geschichte und Kultur: Schloss Friedenstein
Die Journalistin Leontine Gräfin von Schmettow gehört zu den renommiertesten Adelsexperten des Landes – und das nicht nur wegen ihrer eigenen blaublütigen Abstammung. In diesem Video führt sie durch die Räume von Schloss Friedenstein Gotha, bringt Ihnen dabei die einzigartige Residenzkultur Thüringens und eine beeindruckende Familiengeschichte näher und erklärt, warum der ehemalige Sitz der Herzöge so bedeutend für die europäische Adelslandschaft war – und bis heute ein wichtiger kultureller Ort ist.
Hochzeiten und Hoheiten
Mindestens genauso beeindruckend wie das Schloss selbst ist der Einfluss auf die europäische Adelslandschaft, der von diesem kleinen Herzogtum ausging. Noch heute berufen sich zahlreiche Königsfamilien auf das Haus Sachsen-Gotha, bzw. Sachsen-Coburg und Gotha. Schwedens Kronprinzessin Victoria, Kronprinz Haakon von Norwegen, Spaniens König Felipe VI. oder Belgiens König Philippe – sie alle gehören dem illustren Kreis der Royals mit Thüringer Wurzeln an. Und auch die Windsors haben eine lange Geschichte im Freistaat.
Die Windsors stammen aus Thüringen
Die Verflechtungen und die Ursprünge der europäischen Königsfamilien im Freistaat wurden durch die kluge Heiratspolitik ermöglicht, die Ernst I. und seine Erben verfolgten. Die dadurch entstandenen verknüpften Verwandtschaftsverhältnisse sorgten weitestgehend für Frieden zwischen den verschiedenen Nationen.
Eine der wichtigsten Hochzeiten fand dabei 1817 im prachtvollen Festsaal auf Schloss Friedenstein statt. Hier heirateten die Eltern von Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem späteren Ehemann von Königin Victoria und Urahn von Queen Elizabeth II. und dem amtierenden König Charles III.
„I feel so at home here“, schreibt Queen Victoria 1845 in ihr Tagebuch und schwärmt von Schloss Friedenstein. Denn für sie gehörten Besuche der Familie des Gattens nicht zu den lästigen Seiten des Ehelebens. Die Königin von Großbritannien und Irland reiste mit ihrem Gemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha regelmäßig und gern an den Gothaer Hof.
Auch der frühe Tod ihres Gemahls setzte den Besuchen kein Ende. Im September 1862 kehrte die Queen an die Orte Thüringens zurück, die sie mit ihrem geliebten Mann oft besucht hatte, darunter Schloss Reinhardsbrunn. Um dorthin zu gelangen, musste Victoria in Mechterstädt vom Zug auf die Kutsche umsteigen. Eine Herausforderung für eine korpulente Dame von gerade einmal 1,50 Meter Körpergröße. Also wurde eigens eine königliche Treppe gezimmert. Die Kosten übernahm ihr Schwager Herzog Ernst II.
Durch diese wichtige Heirat also stammen auch die Windsors direkt aus Thüringen ab. Die vielen Verbindungen zwischen den europäischen Adelshäusern tragen dazu bei, dass man Ernst I. von Sachsen-Gotha auch den „Großvater Europas“ nennt.
Schloss Altenburg: 1.000 Jahre Adelsgeschichte
Schloss Friedenstein gilt als Wiege des europäischen Adels. Die Wiege seines Erbauers, Ernst I., stand aber woanders. Und zwar auf Schloss Altenburg. Hier wurde der Stammvater der Dynastie Sachsen-Gotha 1601 geboren. Schloss Altenburg hat eine rund 1.000-jährige Geschichte voll spannender Kapitel: Errichtet als Sitz der Wettiner, einem der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, war es Tatort des legendären Prinzenraubs von 1455. Seit 2005 wird der Stoff dieses historischen Kriminalfalls als Theaterstück am Originalschauplatz aufgeführt.
Nach der Leipziger Teilung des Hauses Wettin fiel das Schloss an die daraus entstandene ernestinische Linie, die maßgeblich die mitteldeutsche Geschichte prägen sollte und aus der auch Ernst I. stammte. Heute beherbergt Schloss Altenburg ein Museum, dessen zahlreiche Artefakte einen guten Eindruck des höfischen Lebens vermitteln. Faszinierend sind zudem der prunkvolle, acht Meter hohe Festsaal mit Marmorsäulen und die Schlosskirche mit ihrer Trost-Orgel, auf der schon Johann Sebastian Bach sein Können zeigte.
Am anderen Ende des Schlossparks befindet sich das berühmte Lindenau-Museum, das seinen Ruf nicht zuletzt einer bedeutenden Sammlung von 180 Tafelgemälden der italienischen Frührenaissance verdankt. Während der umfassenden Sanierung des Hauses kann man im Zentrum Altenburgs in der Kunstgasse einen Querschnitt der vielfältigen Sammlungen und Ausstellungen bewundern.
Das Stadtschloss Weimar: historisches Zentrum für Geschichte und Kultur
Möglicherweise hielten die Könige Thüringens bereits im 6. Jahrhundert dort Hof, wo heute das Stadtschloss Weimar steht. Doch selbst wenn die Residenzgeschichte erst im 10. Jahrhundert mit dem urkundlich belegten Graf Wilhelm von Weimar ihren Anfang genommen haben sollte, ist das Stadtschloss ein wahrlich historischer Ort.
Maßgeblich geprägt wurde die Residenz vom ernestinischen Haus Sachsen-Weimar-Eisenach, das 400 Jahre lang seinen Stammsitz hier hatte. Die kunstsinnigen Herrscher sorgten dafür, dass Weimar zu einem kulturellen Zentrum wurde – nicht zuletzt Herzog Carl August, der seinen Freund Goethe nach Weimar holte und damit den Grundstein für die Weimarer Klassik legte.
Das Stadtschloss fiel mehrfach verheerenden Bränden zum Opfer, wurde aber stets wieder aufgebaut, unter anderem mit tatkräftiger Unterstützung Goethes. So entstand in einer etwa 500-jährigen Bauzeit das heutige Stadtschloss. Für den Publikumsverkehr sind unter anderem die sogenannten Dichterzimmer geöffnet, die von Großherzogin Maria Pawlowna zu Ehren der Dichter Wieland, Herder, Goethe und Schiller eingerichtet wurden. Von deren Einfluss kann man sich noch heute überall in der Stadt Weimar selbst überzeugen.
Made in Thüringen: Königin Adelheid und Prinz Albert
Adelheid von Sachsen-Meiningen, aufgewachsen im Schloss Elisabethenburg in Meiningen, und Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, der zeitlebens eine enge Verbindungen zu seiner Verwandtschaft auf Schloss Friedenstein pflegte – zwei Thüringer Persönlichkeiten, die den europäischen Adel maßgeblich geprägt haben. Sie als wohltätige Königin von England, er als Prinzgemahl und wichtigster Ratgeber von Queen Victoria. Wir verraten Ihnen mehr über die beiden beliebten Regenten und die Wiege des europäischen Adels: Thüringen.