


Thüringen von oben: Toni Eggert im Höhenflug
Das Stillsitzen zählt nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. Viel lieber rast Rennrodler Toni Eggert auf seinem Schlitten durch die Eisbahn. Oder er geht in die Luft – als Pilot und Kunstflieger.
Rennrodler und Pilot: Adrenalin auf dem Eis und in der Luft
Dabei schlagen zwei Seelen in seiner Brust. Bei aller Lust, Grenzen auszuloten, ist der Sportler jemand, der Risiken realistisch einschätzt und so Gefahren auf ein Minimum reduziert. Ganz anders als die Laune an Bord seiner Cessna: die steigt mit jedem Höhenmeter bis zum Maximum.
Wir sind eine Runde mit ihm über seine Heimat Thüringen geflogen. Dabei zeigte sich der Freistaat von seiner schönsten Seite: barocke Bauten, lebendige Städte und sattgrüne Hügel. Dieser Vogelperspektive folgten weitere spannende Einblicke – beim Interview mit einem Bodenständigen, der sich in der Luft zu Hause fühlt. Ein Gespräch über Leistungssport, Luftfahrt und die Lust am Risiko.
Vom Fliegen träumen viele. Was hat dich dazu bewogen, diesen Traum für dich wahr zu machen?
Toni Eggert: Laut meinen Eltern habe ich schon als kleiner Junge gesagt, dass ich mal fliegen will. Mit 14 hatte ich immerhin mein erstes Modellflugzeug. Mit 21 hab ich dann – als Ausgleich zum Sport – meine Ultraleichtfluglizenz gemacht. Heimlich, denn meine Eltern haben Angst vorm Fliegen (lacht). Das war eine wilde Zeit: tagsüber Training, abends Flugstunden in Crawinkel, zurück in die Sportkaserne nach Oberhof, nachts am Schlitten gebastelt. So sahen meine Tage damals aus.
Als Passagier: Wann saßt Du das erste Mal in einem Flugzeug? Und wohin ging die Reise?
Toni Eggert: Puuh, da muss ich nachdenken … Ich glaube, das war Gran Canaria. Als Kind mit meinen Eltern.
Wann bist Du das erste Mal selbst geflogen, wie lange und wohin?
Toni Eggert: Zu den Flugstunden in Crawinkel bin ich über meinen ehemaligen Mechaniker gekommen. Ich wollte mich dort eigentlich erstmal nur erkundigen – und hatte schon an Tag eins meinen ersten begleiteten Flug absolviert. Geholfen hat da sicherlich auch, dass ich durch das Koordinationstraining fürs Rodeln ein bisschen Gefühl im Hintern habe (lacht). Seitdem wollte ich immer und immer wieder fliegen.
Was ist schwieriger beim Kunstfliegen: die technische Finesse am Steuer oder das Überwinden der Angst?
Toni Eggert: Angst habe ich keine, deshalb kann ich dazu nichts sagen. Das Schwierige beim Kunstfliegen ist, in jeder Lage die Orientierung zu behalten und deinen Körper unter Kontrolle zu haben, sodass du nicht bewusstlos wirst. Das kommt bei Passagieren durchaus mal vor. Es wirken ja starke Kräfte auf den Körper. Man ist geistig und koordinativ sehr gefordert, aber auch körperlich.
Wie viele Stunden im Jahr bist du in der Luft?
Toni Eggert: In manchen Jahren können es bis zu 150 Stunden sein.
Warum ist Thüringen von oben so schön? Und wo ganz besonders?
Toni Eggert: Der Thüringer Wald ist für mich aus der Luft betrachtet immer wieder beeindruckend. Diese riesige Waldfläche, die Stauseen darin eingebettet. Der Wald hält auch oft das schlechte Wetter vom Thüringer Becken ab, was fliegerisch spannend ist. Okay, Oberhof mit der Rodelbahn natürlich auch (lacht). Der Erfurter Flughafen bietet eine schöne Infrastruktur, auch für kleine Flieger.
Gibt es so etwas wie eine Thüringer Fliegerszene? Kennt man sich untereinander?
Toni Eggert: Auf jeden Fall. In der Thüringer Fliegerszene kennt jeder jeden: Flieger, Fluglehrer, Flugplatzleiter, die Menschen von der Luftfahrtbehörde. Hier sind alle miteinander vernetzt. Es gibt hier so viele Flugplätze, dass ich sie gar nicht alle nennen kann. Toll!
Gibt es Parallelen zwischen dem Rodeln und dem Fliegen?
Toni Eggert: Ja, sicherlich. Beides ist mit enormen G-Kräften und Geschwindigkeiten verbunden. Aerodynamik spielt eine Rolle, auch die Koordination. Beides sind sicherlich Extremsportarten.
Und wo fließt mehr Adrenalin in deinen Adern?
Toni Eggert: Beim Rodeln. Beim Fliegen geht man nie an Grenzen, wo es gefährlich wird. Es gibt immer Sicherheitsreserven und einen Plan B, z. B. genügend Flughöhe, um Fehler in einer Figur abzufangen. Beim Rodeln gehen wir derart ans Limit, dass man Fehler kaum ausgleichen kann. Und das mit 120 km/h und ohne viel Schutzkleidung.
Rodeln ist also gefährlicher als Fliegen?
Toni Eggert: Ja, definitiv. Das würde ich zu 100 Prozent unterschreiben.
„Alles, was das Fliegen betrifft, begeistert mich maßlos."
Mit Toni Eggert unterwegs im Himmel über Thüringen.
Toni Eggert
Grenzgänger und Realist: Toni Eggert liebt das Adrenalin, geht aber keine unnötigen Risiken ein. Selber werkeln und bauen möchte Eggert auch nach seiner Karriere als Rennrodler. Sein Plan: Irgendwann zuhause eine eigene Flugzeugwerft eröffnen.